LYME BORRELIOSE

Die vernünftige Suche nach Antworten

Kenneth B. Liegner, M.D., P.C.

Internal Medicine and Critical Care Medicine
Lyme Borreliosis and Related Disorders
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Original dieser Veröffentlichung
(Journal of Clinical Microbiology 31(8):1961-1963, 1993)

Übersetzung von Eva Schwarz


Krankheit ist sehr alt, und nichts hat sich an ihr geändert.
Wir sind es, die sich ändern, während wir lernen zu erkennen,
was vorher nicht wahrnehmbar war
.

John Martin Charcot, De l´Expectation en Medecine


1989 veröffentlichten Preac-Mursic et al. einen bedeutenden Artikel (30), in dem sie die Anzüchtung von lebenden Borrelia burgdorferi bei Patienten dokumentierten, die durch die bei ihnen durchgeführte Therapie als geheilt galten. Dazu gehörte ein Patient, der zehn Tage lang intravenös mit Ceftriaxon behandelt worden war und von dessen Liquor der Organismus angezüchtet werden konnte (30). Dieser Bericht stieß auf ungläubige Skepsis von einigen Seiten. Es wurde die Vermutung geäußert, daß die Kulturen kontaminiert waren, oder daß der Bericht auf andere Weise falsch gewesen sei. Seitdem sind jedoch eine Reihe von Berichten erschienen, die das Überleben von B. burgdorferi trotz aggressiver antibiotischer Behandlung auch bei Anwendung der wirksamsten intravenösen Antibiotika bestätigen (12, 22). Diese anscheinend anomalen Beobachtungen, die die Unzulänglichkeit des bestehenden Lyme-Paradigmas (d.h. unserer Sicht der Wirklichkeit, J. Gruber) enthüllen, sind noch immer schwer von der medizinischen Fachwelt zu akzeptieren und deuten auf eine Revolution unseres Bildes dieser Krankheit hin (15). Solch eine Veränderung wird notwendig sein, um den biologischen Realitäten von B. burgdorferi Infektionen wirksam begegnen zu können (1).

Die neuere Forschung beginnt Klarheit darüber zu schaffen, wie es möglich sein kann, daß eine bakterielle Infektion sich trotz stärkster Antibiotika ihrer Eliminierung widersetzt.


Derartige Beobachtungen legen den Schluß nahe, Somit ist es denkbar, daß Patienten, die nach aggressiver antibiotischer Behandlung Rückfälle erleiden, zeitlich unbegrenzt antibiotisch behandelt werden sollten unter der Voraussetzung, daß Orale Antibiotika sind vielfach ausreichend, um das Wohlbefinden eines Patienten zu erhalten und sicherlich im Hinblick auf unkompliziertere Verabreichung und aus Kostengründen vorzuziehen. Es muß jedoch nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß orale Therapien so zu gestalten sind, daß nicht nur der Bewegungsapparat und andere periphere Lokalisationen, sondern auch das Zentrale Nervensystem ausreichend behandelt werden (7, 17, 19).

Leider reagieren einige Patienten nicht ausreichend auf Oraltherapie, insbesondere Patienten mit ernsthafter Beteiligung des Zentralen Nervensystems. Bei diesen Patienten ist möglicherweise eine längere intravenöse Behandlung erforderlich.

Viele Ärzte und Wissenschaftler räumen ein, daß es seronegative Lyme-Borreliose gibt, behaupten aber, daß es sich um ein seltenes Phänomen handelt. Tatsächlich wurden in Forschungszentren bei Studien seronegative Patienten, deren Symptome mit denen von Lyme-Borreliose übereinstimmen, ausdrücklich ausgeschlossen. Es ist möglich, daß dies ein schwerer konzeptioneller und methodologischer Fehler ist. Das gegenwärtige Verständnis der menschlichen Immunreaktion auf B. burgdorferi ist rudimentär. Die Verfügbarkeit von direkten Antigenuntersuchungen, die Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR) und andere Ansätze zum direkten Nachweis des Erregers werden, wenn sie klinisch validiert (= bestätigt, J. Gruber) sind, zu einer rationaleren pharmakologischen Therapie der Lyme-Borreliose führen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden helfen zu erkennen, was pragmatische Ärzte seit langem durch das sorgfältige Studium ihrer Patienten erkannt haben: daß Seronegativität ein tatsächliches Phänomen bei Lyme-Borreliose ist, das sowohl im Früh- als auch im Spätstadium der Erkrankung auftritt (4, 21).

Die Akzeptanz von seronegativer Lyme-Borreliose macht eine empirische Behandlung von Patienten, bei denen der klinische Verdacht auf Lyme-Borreliose besteht, zwingend notwendig. Therapeutische Maßnahmen sollten natürlich erst dann ergriffen werden, wenn gründliche aber zügige Untersuchungen andere Diagnosen ausgeschlossen haben. Irreversible neurologische Schäden sind zu Beginn der Erkrankung selten (23, 28) und können mit einer schnell beginnenden und genau abgestimmten Therapie vielleicht verhindert werden.

Abgesehen von der Vorsorge, die natürlich an erster Stelle steht, müssen Methoden zur sicheren Heilung bereits erkrankter Patienten entwickelt werden.

Ein Paradigmenwechsel ist im Gange, was die Natur von Lyme-Borreliose und die Behandlung von erkrankten Patienten angeht. Lyme-Borreliose, komplex und mysteriös, wird uns, unsere Patienten und die Gesellschaft als Ganzes auch in Zukunft vor schwierige Aufgaben stellen, wenn menschliche Intelligenz bestrebt ist, B. burgdorferi, einen biologischen "bösen Genius", zu ergründen und zu besiegen.

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Hinweis auf weiteres Material


Version: April 29, 2003.
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