Karen Vanderhoof-Forschner, Lyme Disease Foundation Mitgründer, kritisiert Politik der amerikanischen Krankenversicherungen

aus: Lyme Times - Education, Support, Advocacy, Research 24: 23-25, 1999,
Zeitschrift des Lyme Disease Resource Center
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Vor kurzem war eine Anhörung in Connecticut, in welcher der Generalstaatsanwalt Richard Blumenthal Material zum Problem der Lyme-Borreliose (LB) gesammelt hat. Darauf basierend hat er nun ein Gesetz vorgeschlagen, das den Krankenversicherungen (KV's) in den USA vorschreibt, eine vom Arzt des Patienten angeordnete Langzeit-Behandlung von Lyme-Borreliose zu bezahlen, unabhängig vom Gutachten des eigenen (KV-) Beraters.

Hintergrund (Joachim Gruber): Die Standard-Behandlung mit 3 - 4 Wochen iv Cephalosporinen hat sich als unzureichend herausgestellt, die Bakterien immer und ausreichend zu beseitigen. "Angesichts dessen, daß die Daten nicht vorhanden sind, erstaunt es mich, daß Leute sich so auf ihre Position festlegen." (Carl Brenner, 1999). Es ist wissenschaftlich kontrovers, was die Nischen sind, in denen sich Borrelia burgdorferi (Bb) vor Antibiotika und Immunsystem schützt (und von denen aus sie periodische Schwingungen des Immunsystems veranlasen könnten). Die Forschung klärt die Mechanismen zur Zeit noch auf und ist somit unmittelbar für die Praxis relevant.

Phyllis Mervine, die Herausgeberin der Lyme Times, schreibt in ihrem Editorial der Lyme Times 26, 1999, in den USA versuche eine unheilige Allianz von Versicherungsgesellschaften, konservativen Ärzten und Gesundheitsbehörden den Standard der Lyme-Behandlung zu kontrollieren, indem sie unsere am höchsten geschätzten Ärzte und Labors verfolge. Ihre Motivation sei nicht wissenschaftliche Sorge oder dasStreben nach Förderung der Gesundheit, obwohl Wissenschaft und Gesundheit ihre Aufgabengebiete sind. Sie seien durch Geld und Macht korrumpiert. Ihre neueste brutale Taktik kehre nun einen gesetzlichen Prozeß in sein Gegenteil, der dazu geschaffen wurde, Bürger vor skrupellosen, unethischen oder gefährlichen Praktiken zu schützen, indem sie ebendiesen Prozeß so verbögen, daß er ihren eigenen Absichten diene.

Deutschland mit seinem weitgehend staatlich festgelegten Gesundheitssystem hat offensichtlich nicht das Problem, daß private Krankenversicherungen einen wesentlichen finanziellen Erfolg dadurch erringen können, daß sie ihr Leistungsspektrum -für den normalen Menschen unsichtbar- einengen und dadurch mit geringeren Krankenkassenbeiträgen höheren Zulauf bekommen. Bei uns scheint das Problem die Distanz zwischen Forschung und Praxis zu sein, d.h. eine ausreichende Fortbildung der Ärzte bei der sich rasch entwickelnden Borreliose-Forschung ist nicht gewährleistet. Wir als Patienten haben daher die Aufgabe, unseren Arzt mit dem Material zu versorgen, das er braucht, um uns zeitgemäß behandeln zu können. Dazu gehört, daß wir

  1. die relevante Fachliteratur über Medline finden, und
  2. die vollständigen Artikel aus den der Öffentlichkeit zugänglichen Universitätsbibliotheken besorgen.
Anders als in den USA sind nämlich bei uns diese Bibliotheken mit öffentlichen Mitteln finanziert, d.h. jeder Bürger hat ein Recht auf Zugang zu der dort bereitgahaltenen Information. Ihre Bibliothekare verstehen ihre Aufgabe auch meist in diesem Sinne, wenn ihnen selbstherrliche Klinik-Institutsdirektoren auch zuweilen das Leben schwer machen. Darüberhinaus verdienen sich Universitätsbibliotheken (z.B. die in Köln) neuerdings damit Geld, daß sie gewünschte Artikel aus einem breiten Spektrum von Fachzeitschriften kopieren und per Post, Fax oder e-mail verschicken.

Es folgen Auszüge (Übersetzung: Joachim Gruber) aus Karen Vanderhoof-Forschners Darstellung auf der Anhörung vom 24. 2. 99 zur Lyme-Borreliose, gehalten vor Richard Blumenthal, Generalstaatsanwalt, Connecticut, USA.

"Ich würde die Absichten einer Krankenversicherung nach folgenden Punkten auswerten:

  1. Wie groß ist der Bruchteil der von der KV oder deren Gutachter abgelehnten Anträge auf Leistung - begründet damit, daß der Patient entweder keine Lyme-Borreliose (LB) habe, oder keine Laboruntersuchung oder Behandlung brauche? Wird die ablehnende Entscheidung gleichmäßig auf alle Krankheitsfälle angewandt?
  2. Hatte der Patient ein (klinisches) Erscheinungsbild oder Laboruntersuchungen mit für LB positivem Ergebnis, entsprechend der medizinischen Fachliteratur?
  3. Wenn die Federal Drug Administration (vielleicht in Deutsch: das Gesundheitsministerium) der Untersuchung auf Borrelien-DNA (DNA = Desoxynukleinsäure, Träger der Erbanlagen) mit der Polymerase Chain Reaction (PCR) im Falle des Impfstoff-Tests an 20 000 Personen zustimmt, warum stuft die KV diesen Test als "experimentell" ein, wenn er in einem von der staatlichen Gesundheitsbehörde geprüften PCR-Labor durchgeführt wird?
  4. Verlangt die KV, daß spezielle Tests in speziellen Labors durchgeführt werden, und schließt sie andere Untersuchungsmethoden aus?
  5. In welchem Bruchteil der Fälle stimmen die KV oder deren Gutachter einer Behandlung von mehr als 10 Wochen Daür zu?
  6. Wie hoch sind die jährlichen Einnahmen, die der/die Gutachter/in durch Beratung der KV erhält, und wie häufig lehnt er/sie die (dem Patienten von seinem Arzt gestellte, J. Gruber) Diagnose oder (die von ihm angeordnete, J. Gruber) Behandlung ab?
  7. Hat die KV jemals eine Untersuchung darüber durchgeführt, wie sie durch Leistungsverweigerung Geld sparen kann?
  8. Unterstützt die KV die Gutachter, deren Institutionen oder deren private Gesellschaften?
  9. Gibt die KV die Namen ihrer Experten bekannt und die Gründe für die Ablehnung der Kostenübernahme?
  10. Hat die KV ein System, nach dem sie für eine Klasse von Versicherten die Kosten übernimmt, während sie entsprechend ihrer Grundsätze dies anderen vorenthält?
  11. Schickt die KV medizinische Experten zu Tagungen, auf denen abweichende Gesichtspunkte dargestellt werden, oder verlässt sie sich einzig auf ihre angestellten Gutachter?
  12. Versagt die KV ihre Leistung mit der Begründung, der Patient habe keine LB oder sei geheilt - verweigert aber eine Lebensversicherung, weil der Patient LB habe (es wird inzwischen angesetzt, daß LB das Todes- oder Invaliditätsrisiko erhöht.).
Nicht alle KV's sind "Bösewichte". Einige zahlen im Stillen und befassen sich mit den Einzelfällen ihrer Kunden. Verbesserung der Einzelfallbehandlung könnte zur schnelleren Diagnose und Behandlung führen und zur Klärung von Komplikationen durch z.B. Co-Infektionen."


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Für Kritik und Anregung bin ich dankbar: Dr. Joachim Gruber
Version: February 11, 2000.